Wir dokumentieren hier einen Artikel von Zusammen Kämpfen Stuttgart zum Verbot von linksunten.indymedia.org:
Am
25. August 2017 wurde mit großem medialen Echo die Internetplattform
linksunten.indymedia.org verboten. Wir solidarisieren uns mit dem
angegriffenen Projekt und möchten im Folgenden auf einige Punkte bzgl.
des Verbots eingehen.
Das Bundesministerium des Innern hat die Internetplattform
linksunten.indymedia.org nach dem Vereinsrecht verboten. Sie laufe „nach
Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider“, so die Begründung.
Öffentlich bekannt wurde das Verbot am 25. August 2017 mit 5
Hausdurchsuchungen in Freiburg und der Abschaltung der Internetseite
linksunten.indymedia.org. Doch das Verbot reicht weiter und umfasst die
Verwendung des Logos, sowie des Twitter Accounts, als auch die
Verwendung der Mailadresse „linksunten@indymedia.org“.
Der konkrete Vorwurf lautet dabei, dass sich die Seite gegen die
„verfassungsmäßige Ordnung“ richte, „da die Plattformbetreiber unter
Leugnung des staatlichen Gewaltmonopols die Anwendung von Gewalt sowohl
gegen Personen, insbesondere Polizeibeamte, und Sachen zur Durchsetzung
linksextremistischer Ziele legitimiert und propagiert haben“. (Zitate:
Twitter-Account des BMI). Weiter hätte das Betreiberteam Beiträge nicht
gelöscht, die zu Gewalt an Polizisten aufgerufen hätten. Das Team soll
laut Behörden aus 3 FreiburgerInnen bestehen. Obwohl zu keiner Zeit eine
Vereinsstruktur für Indymedia bestand, hat die Justiz eine solche um
die 3 konstruiert, um das Projekt mit Hilfe des Vereinsgesetzes
einfacher verbieten zu können.
Das Verbot wird durch die Medien als großer Schlag gegen die
„linksextremistische“ Szene gefeiert, eine Verbindung zum G20 aufgemacht
und mit reißerischen Schlagzeilen wie „Waffen bei Betreibern von
Internetplattform“ (Stuttgarter Zeitung) oder „‘Müssen jetzt mit
Racheakten rechnen‘“ (Focus) untermalt. So soll das Schreckensgespenst
der linken Vandalen verbreitet werden und dabei versucht das Verbot zu
legitimieren. Dass es sich bei dem ausgehobenen „typisch linken
Waffenarsenal“ nur um Rohre, Schlagstöcke und Zwillen handelt kommt nur
in einem Halbsatz vor und dass diese auch nicht in den durchsuchten
Wohnungen, sondern in dem Autonomen Zentrum KTS gefunden wurden, wird
gar nicht erst erwähnt.
Thomas De Maizière ließ in einem Kommentar zum Verbot verlauten: „Das
Verbot setzt ein deutliches Zeichen“. Wir geben ihm recht, es setzt ein
deutliches Zeichen, wenn ein Staatsapparat
• in Zeiten des NSU, der mind. 11 Menschen umgebracht hat,
• bei mehr als 3500 Angriffen auf Flüchtlinge im Jahr 2016,
• bei 4000 Flüchtlingen, die 2016 auf dem Weg nach Europa gestorben sind und
• bei einer Abschiebemaschinerie, die Menschen in ein zerbombtes Land zurückschickt
eine linke Internetseite verbieten lässt, die es sich zur Aufgabe
gemacht hat eine Plattform zu schaffen, die von allen genutzt werden
kann und auf der Berichte, Veranstaltungs- bzw. Demoankündigungen und
Artikel unzensiert veröffentlicht werden konnten. Das Zeichen, dass wir
hier erkennen können lautet eindeutig: Der Feind steht links!
Besser einzuordnen ist das Verbot vor allem vor dem Hintergrund der
kommenden Bundestagswahl aber vor allem im Hinblick auf die Debatte im
Anschluss an die Auseinandersetzungen während des G20-Gipfels in
Hamburg. Von verschiedenen Parteien wurde (bereits im Vorfeld des
Gipfels) ein „härteres Vorgehen“ gegen die „linksextreme“ Szene
gefordert. Das Verbot und die Kriminalisierung eines zentralen Portals
für die linke Bewegung kann dabei als ein Vorzeichen dafür, was noch
kommen wird verstanden werden. So ist es auch kein Zufall, dass sich in
der kommenden Woche die Unionsminister für Inneres und Justiz treffen,
um über ein „entschiedeneres Vorgehen gegen Linksautonome“ (Spiegel) zu
beraten.
Ein Angriff auf unabhängige Berichterstattung
Auf linksunten.indymedia wurden weder nur Erklärungen zu militanten
Angriffen und Aktionen, noch ausschließlich Anleitungen zum Bau von
Brandsätzen veröffentlicht. Linksunten war eine zentrale Plattform auf
der unzensiert und für jeden zugänglich Artikel, Berichte,
Veranstaltungs- bzw. Demonstrationsankündigungen veröffentlicht werden
konnten. Die BetreiberInnen der Seite haben sich selbst nur zu
technischen Themen zu Wort gemeldet. Damit hat linksunten, das sich als
Teil des weltweit agierenden Indymedia Netzwerks versteht, eine
unabhängige Berichterstattung auch für diejenigen gewährleistet, die
keine eigenen Medien zur Verfügung haben.
Auf der Plattform wurden beispielsweise nützliche und weitreichende
Informationen über Hintergründe und Zusammenhänge, Infos über
ausgespähte Anschlagsziele des NSU, sowie Berichte über den NSU Prozess
veröffentlicht während der Verfassungsschutz die Akten und Infos
geschreddert hat.
Die Qualität des Angriffs wird auch darin sichtbar, dass den
BetreiberInnen nicht vorgeworfen wird sie hätten selbst etwas
strafrechtlich relevantes veröffentlicht, sondern dass sie eine
Plattform für Veröffentlichungen zur Verfügung gestellt haben sollen –
was einen grundlegenden Bestandteil einer unabhängigen Berichterstattung
darstellt. Im Umkehrschluss kann dabei jeder Zeitung und jedem
Internetblog, der Erklärungen, Berichte und Termine veröffentlicht der
gleiche Vorwurf gemacht werden.
Mit dem Verbot einer Internetplattform, die von verschiedenen
Strömungen der Linken benutzt wurde, wird das politische Signal
deutlich, dass es dabei nicht um einen Angriff gegen eine spezifische
Struktur geht, sondern gegen die gesamte Linke.
Das Verbot stellt daher einen Angriff auf uns alle dar, da damit ein
Angriff auf eine unabhängige und unzensierte Berichterstattung
einhergeht. Daher heißt es für uns
Schaffen wir 1, 2, 3 … viele Indymedias!
No hay comentarios:
Publicar un comentario